Additive Manufacturing Blog

Nachhaltige Fertigung mit biobasierten, klimaneutralen Kunststoffen

04. Juli 2022 | Lesezeit: 4 Min
Der 3D-Druck eignet sich bestens dafür, alternative Verfahren und Materialien zu erproben, mit denen sich die CO²-Bilanz der industriellen Fertigung verbessern lässt. Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir ein 100 Prozent biobasiertes Pulver zur Verwendung in unseren 3D-Druckern entwickelt. Erfahren Sie, wie dieses zu einer nachhaltigen Fertigung beiträgt.

Wir  haben es uns bei EOS zur Aufgabe gemacht, den Fertigungsprozess so zu verbessern, dass Unternehmen ihre Emissionen reduzieren, mehr recyceln und so ein Vorreiter in puncto Nachhaltigkeit sein können. Nun haben wir einen als klimaneutral zertifizierten Werkstoff für die fortschrittliche additive Fertigung entwickelt.

100% erneuerbar und klimaneutral

Ein klimaneutraler Betrieb verringert den CO²-Ausstoß eines Unternehmens derart, dass die Emissionen nicht über dem ausgeglichenen Wert liegen, d. h. die CO²-Bilanz liegt netto bei Null. EOS und Advanced Laser Materials (ALM), einem Unternehmen der EOS Gruppe, gelingt die Klimaneutralität bei mehreren „Polyamid 11“-Polymeren (PA 11), die nicht nur aus einem nachwachsenden Rohstoff bestehen, sondern auch umweltschonend hergestellt werden.

Die Werkstoffe wurden von Arkema entwickelt. Das Unternehmen hat sich als Innovationsführer bei der Entwicklung rizinusbasierter Hochleistungspolymere einen Namen gemacht. Mithilfe von ALM konnten die PA 11-Werkstoffe als klimaneutral zertifiziert werden. Dies ist den zusätzlichen Maßnahmen zur Klimakompensation zu verdanken, die ALM unternimmt. So hat das Unternehmen Photovoltaikmodule an seinem Hauptsitz in Texas installiert und in das nach dem Gold Standard zertifizierte MyClimate-Klimaschutzprogramm für Solarbeleuchtung in Äthiopien investiert.

Entwicklung eines biobasierten Pulvers aus Rizinussamen

Der Hochleistungskunststoff PA 11 wird aus nachwachsenden Rizinussamen hergestellt. Diese Ressource eignet sich hervorragend zur Herstellung von Polymeren, da sie in Indien auf Grenzertragsböden gedeiht, äußerst dürreresistent ist und denen, die sie anbauen, gute Profite einbringt. So können Bauern auch Flächen bewirtschaften, die sich nicht für den Anbau anderer Ölpflanzen eignen, um die durch die Entwicklung der „PA 11“-Pulver gestiegene Nachfrage nach Rizinussamen zu befriedigen. Der Rizinusanbau ernährt mehr als eine halbe Million Familien in der Region.

Die Rizinussamen werden, ähnlich wie viele andere Ölfrüchte, gepresst. Das Öl wird durch Arkema zu einem Monomerpulver verarbeitet, das sich dann zu einem Polymerwerkstoff für den Spritzguss oder den 3D-Druck weiterentwickeln lässt.

Damit das Pulver für pulverbettbasierte AM-Verfahren verwendet werden kann, muss ALM dessen Formel anpassen. ALM produziert das Pulver unter dem Handelsnamen „PA 820-MF CN“. Der Werkstoff kann direkt von EOS bezogen werden. Er eignet sich zur Verwendung mit den Systemen EOS P 396 und EOS P 770.

Keine Kompromisse bei der Leistung

PA 11-Pulver entsprechen hohen Qualitätsansprüchen. Sie werden weltweit für ihre überlegenen Eigenschaften und ihre Stärken in puncto Robustheit, Festigkeit, Langlebigkeit, Gewicht und Verarbeitungsvielfalt geschätzt.

Aufgrund ihrer Haltbarkeit lassen sich diese Werkstoffe für ein breites Spektrum an Projekten einsetzen. Sie werden nicht nur für die Herstellung von Standard-Lifestyle-Produkten genutzt, sondern auch für Anwendungen in der Automobilbranche und in der Luft- und Raumfahrt.

Nachhaltigkeit durch Haltbarkeit

Biobasierte Pulver werden gezielt auf Robustheit und Langlebigkeit ausgelegt. Auch wenn sie nicht, wie viele ölbasierte Polymere, biologisch abbaubar sind, sind sie aufgrund der inhärenten Langlebigkeit des Materials eine ideale Wahl für Bauteile, die auf einen langjährigen Betrieb ausgelegt sind, da – anders als bei biologisch abbaubaren Materialien – keine Zersetzungsgefahr besteht.

Wer das neue Polymer einsetzt, muss Bauteile also künftig weniger häufig austauschen. Im Gegensatz zu weniger robusten Werkstoffen sinkt durch den Einsatz von „PA 11“-Pulver der Produktionsbedarf, was positive Auswirkungen auf die Umwelt nach sich zieht, da weniger Bauteile verschleißen und ausgetauscht werden müssen.

Engagement für nachhaltige Fertigung

Gemeinsam mit unseren Partnern richten wir unser Augenmerk darauf, die nachhaltige Fertigung als neue Normalität einzuführen. Der hier beschriebene Werkstoff besteht aus nachwachsenden Rohstoffen, überzeugt durch eine fortschrittliche Leistungscharakteristik und lässt sich klimaneutral herstellen.

Polyamid 11 ist der erste klimaneutrale, 100 Prozent biobasierte Pulverwerkstoff, den wir anbieten. Wir führen darüber hinaus Studien zu anderen pflanzenölbasierten Pulvern durch und untersuchen deren Potenzial für ein breites Spektrum an Materialien in der Zukunft. Aber wie es uns der Prozess zur Herstellung von Polyamid 11 gezeigt hat, erfordert die nachhaltige Fertigung verschiedene Anpassungen über mehrere Bereiche hinweg. Daher optimieren wir auch die Hardware unserer 3D-Druck-Systeme und arbeiten an Prozessparametern zur Verbesserung der Neuzuführungsrate für eingesetzte Materialien.

Je niedriger die Neuzuführungsrate, desto geringer ist die Menge an benötigtem Frischpulver für nachfolgende Druckaufträge. Dies beugt Verschwendung vor und verbessert das Verhältnis des für das Endprodukt verwendeten Pulvers im Einklang mit der Philosophie von EOS, gemäß der das Unternehmen über Fortschritte im industriellen 3D-Druck den Weg in Richtung einer nachhaltigen Fertigung ebnen will.