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    Innovation Story

    ArianeGroup
    3D-Druck für Ariane-6-Triebwerk

    Mit EOS-Technologie von 248 Einzelteilen auf eine einzige Komponente reduziert

Ariane 6-Triebwerk: vereinfacht mit additiver Fertigung. Mit EOS-Technologie von 248 Bauteilen auf eine einzige Komponente

„Mission Critical“ – eine Aussage, die in der Luft- und Raumfahrt auf Bauteile der Klasse 1 absolut zutrifft. Eine bis zu mehrere hundert Millionen teure Mission hängt von ihnen ab. Aus diesem Grund sind Ingenieure kontinuierlich bestrebt, Komponenten mit höchster Qualität, Funktionalität und Robustheit zu entwickeln und dabei sowohl die Fertigungskette zu vereinfachen als auch die Anzahl der Einzelbauteile zu reduzieren. Mithilfe von EOS-Technologie hat ArianeGroup diese Maxime komplett neu definiert: Der Einspritzkopf eines Raketentriebwerks am Beispiel eines zukünftigen Oberstufentriebwerks zählt statt 248 Teile nur noch eines. Der Einspritzkopf wurde im wahrsten Sinne des Wortes „ver-ein-facht“ und wird als All-in-One-Design (AiO) bezeichnet.

Beim Ariane Programm kombinieren wir unsere Innovationskraft mit der Expertise von EOS. Gemeinsam bereiten wir die additive Fertigung des Einspritzkopfs eines Raketentriebwerks vor. Eine deutlich reduzierte Produktionszeit und 50 % verringerte Kosten sind Ergebnisse, die überzeugen.

Dr.-Ing. Steffen Beyer | Leiter Produktionstechnologie – Werkstoffe & Prozesse | ArianeGroup

Herausforderung

Fertigung eines Einspritzkopfs für Raketentriebwerke mit
möglichst wenigen Bauteilen und reduzierten Stückkosten

 

Die Europäische Weltraumorganisation ESA möchte mittels einer effizienten Trägerraketentechnik eine starke und unabhängige Position im Weltraumverkehr einnehmen. Um dies zu erreichen, wurde ArianeGroup, ein Gemeinschaftsunternehmen des europäischen Luft- und Raumfahrtunternehmens Airbus Group und des französischen Konzerns Safran, mit dem Bau der nächsten Generation beauftragt. Ariane ist eine Serie von europäischen Trägerraketen, mit denen schwere Nutzlasten in die Erdumlaufbahn befördert werden können, so zum Beispiel Kommunikationssatelliten.

In einem Raketentriebwerk wirken enorm hohe Kräfte unter extremen Bedingungen. Dafür ist ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Präzision bei geringer Baugröße gefragt.

Der Einspritzkopf ist eines der zentralen Elemente des Triebwerks, da er das Treibstoffgemisch in den Brennraum einbringt. Konventionell hergestellt besteht er aus 248 Bauteilen, die in verschiedenen Fertigungsschritten produziert und montiert werden. 

Durch die Bearbeitungsschritte wie Gießen, Löten, Schweißen und Bohren könnten Schwachstellen entstehen, die bei extremen Belastungen ein Risiko darstellen können. Darüber hinaus sind die vielen Schritte zeitaufwendig und komplex. Bei konventioneller Fertigung werden im Bereich der Einspritzelemente über 8.000 Querbohrungen in Kupferhülsen gebohrt, die anschließend mit den 122 Einspritzelementen präzise verschraubt werden, um den durchströmenden Wasserstoff mit dem Sauerstoff im Element zu vermischen. Ein Blick auf solche Zahlen macht deutlich, dass ein funktionsintegriertes Bauteil, welches alle Komponenten in sich vereint, das ehrgeizige Ziel sein muss. Wenn damit zusätzlich Bearbeitungsschritte und Produktionszeit eingespart werden, setzt das deutliche wirtschaftliche Potenziale frei, insbesondere für ein Bauteil der Klasse 1.

Lösung

Additiv gefertigtes Produkt, das unter anderem durch Funktionsintegration aus einem einzigen Stück anstatt 248 Einzelteilen besteht

 

Die Lösung für diese Herausforderungen liefert die additive Fertigung, denn „die Herstellung des Einspritzkopfs aus einem Bauteil ist mit EOS-Technologie realisierbar“, erklärt Dr.-Ing. Steffen Beyer, Leiter Produktionstechnologie – Werkstoffe & Prozesse bei ArianeGroup den Entschluss für den industriellen 3D-Druck. „Allein die additive Fertigung kann Funktionsintegration, Leichtbau, Designvereinfachung und die Reduzierung der Durchlaufzeiten in einem einzigen Bauteil zusammenbringen.“ Als Material setzte das Projektteam weiterhin auf eine hitze- und korrosionsbeständige Nickelbasislegierung (EOS NickelAlloy IN718). Diese zeichnet sich durch sehr gute Zug-, Dauer-, Kriech- und Bruchfestigkeit bei erhöhten Temperaturen aus und sollte auch bei der neuen Fertigungstechnologie eingesetzt werden. „Nach der erfolgreichen Entwicklung des Bauteils durch uns lag der Fokus auf der Wirtschaftlichkeit“, berichtet Dr.-Ing. Fabian Riß, Produktionstechnologie – Werkstoffe & Prozesse. Die zentrale Vorgabe seitens ArianeGroup war es, die Durchlaufzeiten und Stückkosten zu senken. In einem stufenweisen Prozess wurde die Fertigung zunächst auf der EOS M 290 durchgeführt. Nach erfolgreichen Piloten erfolgte die Skalierung auf das größere System EOS M 400 4. Mittels der 4-Laser-Technologie konnte das Triebwerksteil so in bis zu vierfacher Geschwindigkeit hergestellt werden. „Die Skalierung des Bauprozesses auf das hochproduktive EOS M 400-4 System war für uns ein wichtiger Schritt, um die Industrialisierung und Wettbewerbsfähigkeit des Ariane Programms voranzutreiben. Dank der Erfahrung und des Branchenwissens der EOS-Kollegen verlief die Zusammenarbeit sehr effizient. Das Ergebnis spricht für sich und beweist die tolle Teamleistung“, ergänzt Dr. Steffen Beyer.

Ergebnisse

Die Ergebnisse des neuen, additiv gefertigten Einspritzkopfs überzeugen auf ganzer Linie: Statt aus 248 Bauteilen besteht er nun nur noch aus einem einzigen Teil – bei gleichem Funktionsumfang und maximal reduziertem Zeitaufwand.

 

Durch die pulverbettbasierte, industrielle 3D-Drucktechnologie von EOS gelang es unter anderem, die 122 Einspritzdüsen, die Grund- und Frontplatte sowie den Verteilerdom mit den entsprechenden Zuleitungsstutzen für die Treibstoffe Wasserstoff und Sauerstoff als integrales Bauteil zu drucken. Die Formulierung „aus einem Guss“ muss damit der Aussage „aus einem Druck“ weichen. Durch die deutlich höhere Produktivität des EOS M 400-4 Multi-Lasersystems im Vergleich zu Single-Lasersystemen konnten, am Beispiel des AiO-Einspritzkopfs, die Bauzeit um den Faktor 3 reduziert und die Kosten um 50 % reduziert werden.

Das Projektteam konnte eine Reihe weiterer Erfolge für sich verbuchen. Durch die Vereinfachung des Designs und dank der verbesserten Werkstoffeigenschaften im Vergleich zur Gussqualität konnte mittels der additiven Technologie die Wandstärke deutlich verringert werden – und das bei gleichbleibender Robustheit. Eine deutliche Reduktion in puncto Gewicht bedeutet eine Reduktion der Aufbauzeit und natürlich auch der Kosten.

Das Fertigungsverfahren konnte die Innovationszyklen deutlich beschleunigen. Bauliche Optimierungen, Designänderungen sowie die Herstellung von Testbauteilen in der Entwicklungsphase können im Vergleich z. B. zum Gießverfahren ohne zeitlich aufwendige Werkzeugherstellung direkt aus den CAD-Daten in die Fertigung gebracht werden. Damit ermöglicht der industrielle 3D-Druck einen zeitlichen Quantensprung. Halbjahresrhythmen für Iterationsstufen waren die Regel, jetzt sind es nur noch wenige Tage. Hinzu kommt, dass die komplette Produktionskette direkt bei ArianeGroup vor Ort ist. Kurz und gut: Mission erfüllt!

Alle Ergebnisse auf einen Blick

58_time_savings

   

 

 

Schnell: deutliche Reduktion
der Produktionszeit

1 Einzelteile
Funktionsintegration
50 % 
Kostenreduktion
Blick von der ISS auf den Pazifik | © Photo by NASA on Unsplash

Industrieller 3D-Druck
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