Jenseits der Baukammer: Solukon über automatisierte Entpuderung für die AM-Produktion
13. Mai 2025 | Lesezeit: 5 min
Die additive Fertigung (AM) überbrückt zunehmend die Lücke zwischen Prototyping und Großserienproduktion - ein Übergang, der in jeder Phase Automatisierung und Präzision erfordert. Während der Druckprozess selbst oft im Rampenlicht steht, sind Nachbearbeitungsschritte wie die Pulverentfernung entscheidend für die Herstellung hochwertiger, zuverlässiger Teile.
In einer kürzlich erschienenen Episode des Additive Snack Podcasts setzte sich Gastgeber Fabian Alefeld mit Hemank Raj, einem Experten von Solukon, zusammen, um die entscheidende Rolle der automatisierten Entpuderung in der AM-Wertschöpfungskette zu erkunden. Ihr Gespräch beleuchtete, warum dieser scheinbare Nischenbereich in Wirklichkeit ein Eckpfeiler für die Skalierung von AM ist, insbesondere für komplexe Anwendungen in anspruchsvollen Branchen
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Vom Market Pull zu automatisierten Lösungen: Die Solukon-Geschichte
Die Reise von Solukon in den Bereich der automatischen Entleerung begann nicht als spekulatives Unterfangen, sondern als direkte Reaktion auf einen Marktbedarf.
Hemank Raj erklärte, dass Solukon, ursprünglich ein von Andreas Hartmann und Dominik Schmidt - beide mit jahrzehntelanger Erfahrung im Maschinenbau und 3D-Druck - gegründetes Ingenieurbüro, von einem renommierten deutschen Automobilhersteller angesprochen wurde. Dieser Automobilriese, ein früher Anwender von großformatigen 3D-Druckern, stand vor großen Herausforderungen bei der Entnahme großer und komplexer Teile.
Sie entwickelten die erste automatisierte Lösung, die so erfolgreich und kundenfreundlich war, dass sie sich schnell herumsprach und zu weiteren Aufträgen aus verschiedenen Branchen führte.
Der automatisierte Entpuderungsprozess: Sicherheit, Reproduzierbarkeit und Effizienz
Das Kernstück des Solukon-Angebots ist ein automatisierter Entpuderungsprozess, bei dem die Hände frei sind. Dabei wird ungeschmolzenes Pulver von 3D-gedruckten Teilen ohne manuelles Eingreifen entfernt, und zwar in einer versiegelten, atmosphärisch kontrollierten Kammer. Je nach Material ist diese Kammer mit einem Inertgas wie Stickstoff (für Aluminium) oder Argon (für Titan) gefüllt, um die Sicherheit zu gewährleisten. Durch programmierbare Rotation und Vibration gewährleisten die Solukon-Systeme eine gründliche und gleichmäßige Pulverentfernung.
Raj hob zwei wesentliche Vorteile gegenüber manuellen oder halbautomatischen Methoden hervor:
- Erhöhte Sicherheit: Der Bediener ist nicht mehr potenziell gefährlichem Metallstaub ausgesetzt.
- Zuverlässige und wiederholbare Prozesse: Es wird sichergestellt, dass die Teile jedes Mal nach demselben Standard gereinigt werden.
Bisher wurden komplexe Teile mit internen Kanälen oft mit externen Rüttlern in offenen Umgebungen entgratet, was mit Gesundheitsrisiken verbunden war und viel Zeit in Anspruch nahm, oder es wurden Handstrahlkammern verwendet, in denen die Bediener manuell Luft in die Kanäle leiteten. Diese Methoden boten nicht die Sicherheit, Konsistenz und Effizienz automatisierter Lösungen, insbesondere bei großen, schweren oder kompliziert kanalisierten Bauteilen.
Anwendungen, die am meisten von der automatisierten Entparzellierung profitieren
Für viele Kunden von Solukon stehen Gesundheit und Sicherheit des Bedieners an erster Stelle, so dass das manuelle Entladen selbst bei einfacheren Teilen nicht in Frage kommt. Abgesehen von der Sicherheit ist das manuelle Entladen von großen und schweren Teilen, wie z. B. von Teilen mit einer Höhe von bis zu 1,5 oder 1,6 Metern, die mit den größten Maschinen von Solukon bearbeitet werden können, praktisch unmöglich.
Der Bau solch großer Systeme ist mit eigenen technischen Herausforderungen verbunden. Solukon legt den Schwerpunkt auf "Plug-and-Play"-Geräte und konstruiert Maschinen mit begrenzten Abmessungen für den Transport ganzer Einheiten, die lediglich Anschlüsse für die Druckluft- und Inertgasversorgung benötigen.
Für massive Teile verfügen die Solukon-Maschinen über große Türen, die sich für den Gabelstaplerzugang bis zu 120 Grad öffnen lassen, und sogar Dächer, die sich für die Kranbeladung vertikal öffnen.
Intern muss das Fördersystem erhebliche Pulvermengen (da das Pulver oft den Großteil des ursprünglichen Gewichts ausmacht) in einer inerten Atmosphäre handhaben, was hohe Pulverrückgewinnungsraten ermöglicht - bis zu 99 %, wie ein Kunde berichtet. Die Schnittstelle zu den Pulverfördersystemen ist für den Kunden vereinfacht und erfordert oft nur eine Zweidrahtverbindung für die Sensoren, um den Pulvertransfer unter Beibehaltung der inerten Atmosphäre zu steuern.
Sicherstellung von Qualität und Reproduzierbarkeit: Smart Depowdering
Ein wichtiges Anliegen bei der Entpuderung ist es, sicherzustellen, dass das gesamte Material extrahiert wird, insbesondere aus komplexen internen Kanälen, in denen sich Partikel verfangen können. Solukon geht dieses Problem durch mehrere Merkmale an. Die Maschinen sind mit einem Digital Factory Tool (DFT) ausgestattet, einem Sensorpaket, das während des Entpumpungsprozesses umfangreiche Daten aufzeichnet. Anhand dieser Daten können die Kunden den Prozess detailliert überwachen, Berichte exportieren (sogar CO₂-Fußabdruck mit detaillierten Angaben zum Energie- und Gasverbrauch erstellen) und die Wiederholbarkeit durch Einhaltung etablierter Standards sicherstellen.
Die Programmierung der Rotations- und Vibrationsmuster des Systems kann an die Komplexität der Teile angepasst werden:
- Manueller Modus: Ermöglicht die anfängliche Kontrolle durch den Bediener, um den Pulverfluss zu beobachten.
- Automatischer Modus: Ausreichend für 50-60% der Kunden; die Maschine dreht das Teil durch alle möglichen Ausrichtungen mit Vibration und Hochfrequenz-Düsenanregung für eine bestimmte Dauer.
- Profil-Modus: Für weniger komplexe Geometrien kann der Benutzer bestimmte Rotationswinkel und Rüttlersteuerungen programmieren, entweder auf der Maschine oder auf einem Computer.
- SPR-Pathfinder®: Die fortschrittlichste Option, die für Teile mit komplizierten internen Kanälen entscheidend ist (z. B. sind Kanäle mit einem Durchmesser von 1,0 mm heute üblich). Diese Software voxeliert das Teil
, identifiziert alle Leerräume, füllt sie virtuell mit Pulverpartikeln und berechnet dann den effizientesten Austrittspfad für jedes Partikel, ähnlich wie beim Entleeren eines Stadions.
Design für Depowdering: Kritische Überlegungen
Raj stimmte nachdrücklich zu, dass die Gestaltung der Nachbearbeitung, insbesondere der Entpuderung, oft vernachlässigt wird. Zu den häufigen Konstruktionsfehlern gehören extrem schmale oder blinde interne
Kanäle ohne Ausgangsöffnungen. Zu den wichtigsten Konstruktionsrichtlinien gehören:
- Sicherstellung von Ausgängen für alle Kanäle.
- Beibehaltung eines konservativen Verhältnisses von Länge zu Durchmesser (L/D) bei internen Kanälen (in der Vergangenheit etwa 4, obwohl Solukon jetzt viel extremere Verhältnisse handhabt).
- Vermeiden Sie scharfe Winkel in Kanälen; entscheiden Sie sich für glatte, spiralförmige Strukturen.
- Minimierung der inneren Oberflächenrauhigkeit, da Pulver aufgrund der mechanischen Verzahnung dazu neigt, an rauen Oberflächen zu haften.
Die Software SPR Pathfinder unterstützt dies, indem sie es den Konstrukteuren ermöglicht, den Pulverfluss durch interne Kanäle vor dem Druck zu simulieren und so Engpässe frühzeitig im Konstruktionsprozess zu erkennen. Solukon hat erfolgreich Teile mit Kanälen von nur 0,4 mm Durchmesser entpulvert. Dabei wird häufig ein Ultraschallerreger eingesetzt, der das Teil im Ultraschallbereich (etwa 30-38 kHz) vibriert, um verklumptes Pulver in sehr feinen Kanälen aufzubrechen, ohne das Teil zu beschädigen.
Die Zukunft: Robotik und integrierte Lösungen
Raj wies auf die laufenden Arbeiten hin, die darauf abzielen, die Entleerung "automatisierter und intelligenter" zu gestalten. Dazu gehört auch der Einsatz eines Roboterarms in den Maschinen, der spezielle Erreger einsetzen kann, um bestimmte Engpässe zu beseitigen oder automatische Sprengungen in schwer zugänglichen Kanälen durchzuführen.
Solukon entwickelt auch weiterhin maßgeschneiderte Einzellösungen für einzigartige Kundenherausforderungen, wie z. B. die vollautomatische Be- und Entladung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung einer inerten Atmosphäre.
Diese Entwicklung positioniert Solukon als ein auf Mechatronik ausgerichtetes Ingenieurbüro, das sich darauf konzentriert, komplette Entladungslösungen und nicht nur Maschinen zu liefern.
Hemank Rajs Erkenntnisse unterstreichen, dass die automatisierte Entpuderung bei weitem kein einfaches Add-on ist, sondern ein komplexer, technologiegesteuerter Prozess, der für Qualität, Sicherheit, Effizienz und Kosteneffizienz in der AM-Produktion entscheidend ist. Im Zuge des Fortschritts der Branche werden solche intelligenten Nachbearbeitungslösungen zunehmend neue Designmöglichkeiten eröffnen und die Rolle von AM als praktikable Fertigungsmethode für die anspruchsvollsten Anwendungen festigen.
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